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Talbot-Lago T26 Grand Sport

Grosses Kino

Kürzlich haben wir die Geschichte zu den Talbot-Lago T150 S/SS aufgefrischt und fein erweitert, das sollte man gesehen haben, hier. Auch als Vorbereitung auf die nun folgenden Zeilen schon einmal quergelesen haben, mindestens. Denn wir haben noch nicht genug von diesen französischen Schönheiten. Nach dem Krieg wurde der Reihensechser von Talbot-Lago weiter entwickelt, er kam dann auf 4,5 Liter Hubraum. Patron Antonio Lago liess ein neues Chassis entwickeln mit sportlichen Qualitäten, es entstand auf Basis eines Rennwagens, und die ganze Konstruktion wurde ab 1947 T26 Grand Sport genannt. Und hier sitzt der Teufel nun im Detail, denn: die Rennwagen hiessen auch so.

Diese Talbot-Lago T26 Grand Sport gehörten zum Besten, was man in jenen Nachkriegsjahren für Geld kaufen konnte, sie waren extrem teuer – und nicht ganz einfach zu fahren, denn es handelte sich ja um einem verkappten Rennwagen (sic!). 36 Stück sollen entstanden sein (davon sollen noch 26 exisitieren) – und manchmal ist die Unterscheidung nicht ganz so einfach. Der T26 Grand Sport etwa, mit dem Vater und Sohn Rosier 1950 die 24 Stunden von Le Mans gewannen, war eigentlich ein Grand-Prix-Rennwagen, der mit ein paar zusätzlichen Blechen zum Sportwagen gemacht worden war. Der einzige «echte» Talbot-Lago T26 damals im Feld war das heute als «Chambas» berühmte Fahrzeug, Chassis-Nummer 110105, das den 13. Rang erreichte.

Ach, dieser «Chambas»-Talbot, was für ein wunderbares Fahrzeug, welch grossartige Geschichte. Sie begann Mitte Oktober 1948, als der Schuhverkäufer André Chambas seinen T26GS über den Händler Dumont Frères in Lyon ausgeliefert erhielt. Es war, wie fast immer bei Talbot-Lago, nur ein «rolling chassis», den Aufbau nahm Chambas selber in die Hand. Und das buchstäblich: Er zeichnete einen Entwurf, baute diesen 1:1 in Ton – und beauftragte dann lokale Spengler-Meister, sein Design umzusetzen. Wer genau seine Vorgaben umsetzte, ob ein lokales Kran-Unternehmen oder einfach der Sanitär, der schweissen konnte, weiss man heute nicht mehr. Wie auch immer, André Chambas wurde von Veranstalter der 24 Stunden von Le Mans, ACO, zum Rennen eingeladen. Und Antonio «Tony» Lago schickte ihm einen Mechaniker nach Vienne, der das Fahrzeug auf die Tortur vorbereiten konnte.

Zusammen mit Beifahrer André Morel, der schon vor dem 2. Weltkrieg für Talbot Rennen gefahren war, kam André Chambas mit seinem Eigenbau bei den 24 Stunden von Le Mans fast 3000 Kilometer weit; die beiden schieden in der letzten Stunde aus, weil #110105 ohne Benzin auf der Strecke liegenblieb. 1950 ging es besser, Chambas/Morel erreichten das Ziel mit einer zurückgelegten Distanz von 3084 Kilometern auf dem 13. Platz (das war das Jahr des grossen Triumphs für Talbot, Erster, Zweiter, Dreizehnter). Danach baute Chambas seinen Talbot um, mit Hilfe des Karosseriebauers Tunesi, der sich nur gerade 200 Meter von seinem Wohnort befand. Es wurde eine viel leichtere Barchetta – trotzdem reichte es 1951 nur zum 17. Rang. 1952 liess Chambas die Form seines Talbot gleich, doch der 4,5-Liter-Sechszylinder erhielt gleich zwei Roots-Kompressoren. Die Leistung stieg auf etwa 240 PS, Chambas/Morel schafften es auf den 9. Platz und 3155 Kilometer weit. Mit einen neuen Co-Piloten versuchte es Chambas 1953 noch einmal, hatte nach knapp 3 Stunden einen Unfall, wurde dabei gedreht, fuhr 1,5 Kilometer weit im Rückwärtsgang, bis er eine sichere Stelle fand, das Fahrzeug zu wenden. Bei dieser Rückwärtsfahrt, der wohl längsten in der langen Geschichte der 24 Stunden von Le Mans, ging aber das Getriebe kaputt, Chambas musste aufgeben, obwohl er vorher die mit Abstand höchste Durchschnittsgeschwindigkeit bei all seinen Auftritten erreicht hatte. Wie auch immer: Fünf Auftritte im gleichen Fahrzeug in Le Mans, das gab es doch eher selten. Und allein schon deshalb darf dieser Wagen in dieser Geschichte die (optische) Hauptrolle spielen. Es kommt bei Bonhams Anfang Februar 2023 in Paris unter den Hammer, mindestens zwei Millionen Euro werden erwartet.

Es waren ganz viele Einzelstücke unter den T26 Grand Sport, wir zeigen hier noch ein Beispiel von Franay aus dem Jahr 1948, das 2017 von RM Sotheby’s in Villa d’Erba versteigert und für 1’120’000 Euro zugeschlagen wurde.

Chassis-Nummer: 110117
Motorennnummer: 115

Auktion: Bonhams, Quail 2023, Schätzpreis 2’000’000 bis 3’000’000 Dollar. Coachwork von Dubos, Design von Carlo Delaisse. Ja, die Geschichte wollen wir dann noch erzählen.

Aber dann war da noch der T26 GSL, Grand Sport Longue. 1952 gehörten die Grand Sport, also die Sportwagen, zwar immer noch zu den feinsten Automobilen überhaupt, aber Tony wollte mehr. Er liess die Plattform des T26 Record neu konstruieren, den Radstand verkürzen (auf immer noch beachtliche 2,9 Meter), gab dem neuen Modell eine neue Frontaufhängung mit Schraubenfedern mit auf den Weg. 20 zusätzliche Pferde fand man dank drei Solex-Vergasern auch noch, es waren jetzt derer 210 PS bei 4500/min; geschaltet wurde über ein Wilson-Vorwählgetriebe. Und dann war da noch das hübsche Kleid, das von Carlo Delaisse entworfen wurde. Ein grossartiger Erfolg wurde auch der Grand Sport Longue nicht, 19 oder vielleicht auch 21 Stück wurden bis Anfang 1955 gebaut.

Chassis-Nummer: 111003

Auktion: RM Sotheby’s, Elkhart Collection 2020, verkauft für 264’400 Dollar.

Chassis-Nummer: 111005

Auktion: Bonhams, Monaco 2024, Schätzpreis 200’000 bis 250’000 Euro, angeboten mit folgendem Text: «This Talbot Lago T26 GSL, chassis no. 301, first exhibited at the Paris Motor Show in October 1954 on the marque’s stand, was delivered new, under order number 111015, on 15th November the following year to well-known actor, screenwriter and director Robert Lamoureux (1920-2011). It was then painted metallic green with an interior trimmed with cream leather, equipped with heating and rear windscreen defrosting options. This Talbot-Lago has likely had only five owners. During the 1970s, it was registered in Calvados, before being acquired in 1976 by a member of the Club Talbot France who drove it barely 2,000 km before selling it in 1988 to another club member. It most likely had, by that time, 130,000 km on the clock from new. The new owner undertook a mechanical overhaul intended to keep the car in good condition, without touching its original state. Its engine was dismantled, checked and reassembled with new pistons and new carburettors. Its clutch and its preselective Wilson gearbox were serviced. Its coachwork was repainted green and its chrome trims carefully restored. Lastly, its bumpers, which were not original parts, were replaced by its current owner with new ones crafted by the Strasbourg expert Hubert Haberbusch, accurately reproducing those on the car at the 1954 Paris Motor Show. Its current owner bought this Lago Grand Sport in 1998».

Chassis-Nummer: 111006

Auktion: RM Sotheby’s, Monterey 2016, verkauft für 385’000 Dollar.

Chassis-Nummer: 111010
Motoren-Nummer: 211

Auktion: Artcurial, Paris 2024, Schätzpreis 200’000 bis 260’000 Euro, angeboten mit folgendem Text: «According to the factory production sheet, this Talbot Lago Grand Sport was ordered new by Brussels-based coachbuilder Marcel Oblin, to whom it was delivered on August 6, 1954. The sheet also specifies that it was equipped with a heating-defrost system and aluminum Syntoflor wheels. It was black with „beige 64“ leather interior. Later, in the 1960s, it was owned by a major Antwerp collector, Mr. Jan Verswyver, who also owned a Talbot Grand Sport Saoutchik, a Bentley 4.25-liter and a Minerva 40 CV. It was then light blue, as period photos testify, and in the 1980s underwent a restoration during which it received an elegant red paint job, the original interior fortunately being preserved as it was in fine condition. This Talbot GSL later took part in various concours d’élégance, most notably the Bagatelle Concours sponsored by Louis Vuitton. According to its former owner, the car had covered some 85,000 km since new, which is consistent with the 94,932 the odometer reads today. In 2019, this rare Talbot was purchased by an Antwerp coachbuilder with a passion for pre-war cars, who worked on Mr. Verswyver’s cars and had therefore noticed the attractive coupe. Once the purchase was made, he entrusted the car to the great Flemish specialist LMB, where the following work was carried out: rebuilding the Wilson gearbox, cleaning and rebuilding the carburetors, overhauling the brakes and rebuilding the chromes, for a total of over €20,000. The number 211 engine is the original one».

Chassis-Nummer: 111012

Auktion: RM Sotheby’s, Monterey 2015, verkauft für 385’000 Dollar.

Chassis-Nummer: 111019

Auktion: RM Sotheby’s, Monaco 2010, verkauft für 168’000 Euro.

Mehr feine Klassiker haben wir in unserem Archiv.

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